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Vom 25.2.2006
 
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Im Siegestaumel führen die Hemd- glunkerle den gefesselten Ortsvorsteher Alexander Naber ab. Foto: Hecker-Stock
 
Gegenwehr der herrschenden Klasse kaum der Rede wert / Selbst Beschuss mit Süßigkeiten ohne Erfolg / Aufständische und Gefangene schwingen Tanzbein
Auch Leiberstung fällt Narren anheim
 
Sinzheim-Leiberstung (co) - Im Grunde genommen war die Gegenwehr der herrschenden Klasse in Leiberstung kaum der Rede wert. Angesichts der überwältigenden Übermacht der Narren gab Ortsvorsteher Alexander Naber klein bei und rückte den Schlüssel der Macht nach kurzem Kampf heraus.
 
Das "gemeine" Volk hatte sich allerdings auch bestens auf den Handstreich vorbereitet. Angetan mit einschüchternden Nachtgewändern einschließlich Schlafhäubchen, ihre Waffen getarnt als Riesenschnuller, Nuckelflaschen, Trillerpfeifen und Rasseln, suchten sich die Aufständischen systematisch ihren Weg durch das Dorf. Unterwegs schlossen sich dem närrischen Lindwurm immer mehr überzeugte Rebellen an. Beim Aufmarsch der so gar nicht mehr linientreuen Untertanen vor der Ortsverwaltung hatten sich die zitternden Räte bereits verbarrikadiert.
 
"Ortsvorsteher, komm' raus mit deinen Gesellen, du musst dich jetzt den Narren stellen", forderte Hartmut Mensing, Oberzunftmeister der aufständischen Muurhexen, unmissverständlich zur Kapitulation auf. "Krummnasige Hexenbrut, euch geht's wohl zu gut?", konterte Alexander Naber in wenig höflichem Ton, der ihm Pfiffe und Buhrufe bescherte. Zuletzt griffen die Herrscher noch zu einer List und versuchten, das meuternde Volk mit dem Beschuss mehrerer Gallonen Süßigkeiten von seiner aufrührerischen Idee abzubringen. Doch selbst diese Attacke - klarer Ausdruck völliger Hilflosigkeit - ließ sie ihrem unausweichlichen Schicksal nicht entrinnen und verzögerte der Widerspenstigen Zähmung nur um Minuten.
 
Die Narren fegten den letzten Widerstand hinweg und stürmten den Regierungssitz. Kleinlaut geworden und verbal entwaffnet, hielt der Ortsvorsteher freiwillig die Hände den fürsorglich bereit gehaltenen Handschellen entgegen, siegessicher rissen die Narren nach kurzem Gerangel den Schlüssel der Macht an sich. Mitsamt seinen Räten an ein Seil gefesselt, wurde das Oberhaupt von johlenden Kindern durch das Dorf geführt. Beim "Pflug" genehmigte man auch den Gefangenen großzügig einen Stärkungstrunk, der für das weitere närrische Programm in der Wendelinushalle dringend benötigt wurde. Unter Aufsicht gestellt, wurden die Häftlinge von ihren Handschellen befreit, um den Tänzen der großen und kleinen Muurhexen gebührenden Beifall spenden zu können. Stimmungslieder brachte eine "Splittergruppe" des Männergesangvereins Leiberstung ein, und auch Bernhard Ibach war der Beifall für seine umgetexteten Liedbeiträge sicher. Wie man munkelt, sollen Aufständische und Herrscher zu späterer Stunde sogar schon wieder gemeinsam das Tanzbein geschwungen haben.