vom 24.7.2008

Leiberstunger Ortschaftsrat wirbt für Gründung einer Genossenschaft / Möglichst zeitnah Mitstreiter gesucht, die Anteile zeichnen
Große Interesse an Infos über einen Dorfladen

Ansgar Horsthemke (stehend) vom Badischen Genossenschaftsverband erklärt die für eine Genossenschaftsgründung notwendigen Schritte.
Ansgar Horsthemke (stehend) vom Badischen Genossenschaftsverband erklärt die für eine Genossenschaftsgründung notwendigen Schritte. Foto: Hoffmann

Von Christa Hoffmann

Sinzheim - "Vermissen Sie ihn auch? Unseren Dorfladen?" Diese rhetorische Frage von Leiberstungs Ortsvorsteher Alexander Naber haben viele offenbar mit Ja beantwortet. Knapp 100 Interessierte waren am Dienstagabend seiner Einladung gefolgt, um sich über die Gründung einer Dorfladen-Genossenschaft zu informieren. Das Nebenzimmer des Lokals war bis auf den letzten Platz besetzt und Naber von dem "Zuspruch positiv überrascht".

Der Ortsvorsteher erinnerte daran, dass vor sechs Jahren ein Dorfladen in Leiberstung eröffnet, aber aufgrund persönlicher Differenzen zwischen Betreiber und Pächter nach fünf Jahren wieder geschlossen worden sei. Nun soll es einen neuen Anlauf geben.

Der Vorteil sei die Sicherstellung der Nahversorgung, die damit verbundene Unabhängigkeit vom Auto oder Bus bei kleinen Besorgungen, die Förderung des Miteinanders und der Gemeinschaft, sagte Naber, der auch im Namen des gesamten Ortschaftsrats sprach. "Nur um morgens frische Brötchen zu holen, müssen jeden Tag mehrere Kilometer mit dem Auto oder Fahrrad zurückgelegt werden", gab der CDU-Politiker zu bedenken. Betrachte man die aktuellen Spritpreise, seien dies teure Brötchen.

Starten könne ein solcher Laden zunächst mit einem kleinen Sortiment aus Waren des täglichen Bedarfs wie Brot und Brötchen sowie einem kleinen Angebot an Wurst und Fleisch, erklärte Naber. Später könnten das Trockensortiment und die Getränkeauswahl erweitert und eventuell Obst und Gemüse, eine Tiefkühltruhe und Molkereiprodukte hinzugenommen werden. Außerdem sei die Belieferung durch regionale Anbieter wünschenswert. "Wichtig ist, dass der Laden kundenorientiert wächst", so Naber. Letztlich bestimmten aber die Mitglieder und die Geschäftsführung über das Konzept.

Naber schlug vor, einen Genossenschaftsanteil auf 25 Euro festzulegen. Ersten Überlegungen zufolge benötige die Genossenschaft ein Startkapital in Höhe von rund 35000 Euro. Darin enthalten seien der Ankauf der Einrichtung, der Kauf des ersten Warenbestands, die Anmietung des Gebäudes und die ersten Löhne. Untergebracht werden könne der Dorfladen laut Naber ziemlich zentral in der Leiboldstraße. Dort ziehe das Blumengeschäft aus. Naber will in den nächsten Tagen Flugblätter verteilen, um genügend Mitstreiter zu finden, und dann die Sommerpause nutzen, um die Genossenschaft eventuell auf den Weg zu bringen. "Helfen Sie mit", warb er um Unterstützung.

"Sie finanzieren Ihr eigenes Unternehmen", erklärte Ansgar Horsthemke vom Badischen Genossenschaftsverband (siehe Kasten). Er würde die Leiberstunger Gründung mit Rat und Tat begleiten. Horsthemke betonte die Einbindung der Bürger. Es gebe bereits Zusagen von Handwerkern, die beim Umbau helfen würden, gab der Ortsvorsteher bekannt. Die Landwirte vom St.-Vinzenz-Hof seien auch bereit mitzumachen. Bedenken einer Interessierten bezüglich der Konkurrenz zum "rollenden Bäcker", der zwei Mal in der Woche komme, zerstreute Naber: Er könne doch den Laden täglich beliefern.

Wichtig sei es, dass jeder, der von der Idee überzeugt sei, baldmöglichst angebe, wie viele Anteile er zeichnen wolle. "Diese Angaben werden selbstverständlich vertraulich behandelt", versicherte der Ortsvorsteher. Je nachdem, wie lange es dauere, um die Summe zusammenzubringen, könne frühestmöglich in drei Monaten die Genossenschaft gegründet werden.

Bedenken eines Sinzheimer Ladeninhabers, dass kaum ein Lieferant Interesse an so geringen Mengen habe, wie sie im Dorfladen gebraucht würden, und eine eventuell zu geringe Nachfrage nach frischen Produkten, die dann weggeworfen werden müssten, stießen zwar nicht auf taube Ohren. Horsthemke meinte aber, dass im Gegensatz zu Einzelhändlern der Dorfladen keine Gewinne machen müsse. In der Anfangsphase sei es deshalb auch besonders wichtig, dass sich viele Ehrenamtliche zum Mitarbeiten fänden. Im Übrigen würde das Gründungsgutachten des Verbands kein grünes Licht geben, wenn das betriebswirtschaftliche Konzept nicht überzeuge, so der Experte.

Zum Thema

Genossenschafts-Gründung

Sinzheim (cri) - Ansgar Horsthemke, beim Badischen Genossen- schaftsverband zuständig für Genossenschaftsneugründungen, erklärte in Leiberstung das Genossenschaftsprinzip. Die Rechtsform sei eine eingetragene Genossenschaft (eG). Die Generalversammlung wählt den Vorstand (Geschäftsführungsorgan) und den Aufsichtsrat (Kontrollgremium). Bei mehr als 20 Mitgliedern müssen dem Vorstand mindestens zwei, dem Aufsichtsrat mindestens drei Mitglieder angehören. Jedes Mitglied hat, unabhängig von der Zahl seiner Anteilsscheine, eine Stimme. Dividenden können ausgeschüttet werden. Rückstellungen erfolgen nach Gesetz und Satzung. Außerdem sei die eG förderfähig, und spätestens alle zwei Jahre werde die Genossenschaft geprüft, so Horsthemke.

Die Haftung für Mitglieder kann ausgeschlossen werden, sie haften dann nur mit ihren Anteilen. Jeder kann mehrere Anteile erwerben. Es sind mindestens zehn Prozent der Summe zu zahlen, der Rest kann in Raten beglichen werden.