vom 20.9.2010

Die alte Leiberstunger Friedhofskapelle wird abgerissen. Die Ortschaftsräte hoffen, dass der etwas versetzte Neubau in den nächsten zwei Jahren fertiggestellt werden kann.
ACHT BAGGER rammten sich hier an der Anschlussstelle Bühl bei Vimbuch und bei Weitenung in die massiven Stahl-Beton-Konstruktionen der Autobahnbrücken, immer beobachtet von zahlreichen Schaulustigen. Fotos: Georg Keller
Die alte Leiberstunger Friedhofskapelle wird abgerissen. Die Ortschaftsräte hoffen, dass der etwas versetzte Neubau in den nächsten zwei Jahren fertiggestellt werden kann.
STOSSSTANGE AN STOSSSTANGE: Auf vielen Straßen wie hier am Zubringer bei Vimbuch mussten Autofahrer viel Geduld haben.

Schotterteufel leisten ganze Arbeit
Brückenabriss verlangt Autofahrern viel Geduld ab

Bühl (gk/ls/wl). Geduld war die von Autofahrern in Mittelbaden geforderte Tugend. Die Totalsperrung der Autobahn AS zwischen den Anschlussstellen Bühl und Baden-Baden für einen Zeitraum von knapp 30 Stunden führte zu kilometerlangen Staus. Erforderlich war für die Sperrung war der Abriss der beiden Brücken in Vimbuch und Weitenung im Zuge des Autobahnausbaus durch den neuen privaten Betreiber die
Via Solution Südwest.

Baustelle Autobahn

Vor allem in Fahrtrichtung nach Karlsruhe ging am Samstag und auch am
gestrigen Sonntag nichts mehr: Auf der wichtigen Nord-Süd-Verbindung standen die Reisenden bis weit hinter Achern, 16 Kilometer lang war der Stau. Wer auf Umgehungsstraßen ausweichen wollte, kam meist nicht weit, auch auf der Umleitungsstrecke kam der Verkehr völlig zum Erliegen. Etwas entspannter stellte sich die Situation auf der B 36 dar, aber auch hier kam es zu einem erhöhtem Verkehrsaufkommen, zumal die Auffahrt Baden-Baden wegen der Arbeiten am Zubringer B 500 zwischen Autobahn und B 36 in dieser Fahrtrichtung gesperrt war. Die Polizeidirektion Rastatt/Baden-Baden war mit ihren Einsatzkräften rund um die Uhr im Einsatz und regelte an den Knotenpunkten zusätzlich den Verkehr. Auch gestern Nachmittag war es noch "chaotisch", war von der Polizei zu hören: Kilometerlange Rückstaus auf der Autobahn und völlig überlastete Umgehungsstraßen waren zu verzeichnen.

Im Gegensatz zu den Autofahrern durfte die Verantwortlichen von Via Solutions Südwest, gestern Nachmittag entspannt in die Runde schauen: "Wir sind sehr zufrieden", sagte Matthias Schmidt von der Projektsteuerung. Die Sperrung werde früher als geplant aufgehoben werden können, prognostizierte er am frühen Nachmittag, als an der Brücke bei Weitenung bereits die Beweissicherung lief, um eventuelle Schäden an der Fahrbahn zu erkennen. Vor allem aber habe das Unternehmen deutlich mehr an Arbeit leisten können, als dies zunächst geplant war. So sei es gelungen, im kompletten ersten Baulos, das von Norden her bis kurz nach der Rastanlage Bühl reicht, die Fahrbahn mit einem zusätzlichen Dünnschichtbelag zu versehen. Sie wurde "aufgedoppelt", um Schäden vorzubeugen. Im anschließenden zweiten Baulos, das bis kurz vor die Anschlussstelle Bühl reicht, wurde die Fahrbahn saniert, um die Gefahr neuer Schlaglöcher zu reduzieren. Und nicht nur das: Im gesperrten Bereich des ersten Bau-loses gab es am Wochenende auch noch eine Treibjagd auf Schwarzwild.

Derweil nutzten zahlreiche Anlieger und Neugierige das schöne Wetter zu einem Ausflug und verfolgten die Abrissarbeiten "Das ist ein historisches Ereignis", meinte Wolfgang Fallert aus Vimbuch, der mit seiner Frau auf Fahrrädern zu der Mammut-Baustelle geradelt kam. Zum wiederholten Male an diesem Tag und in den Wochen zuvor: "Ich bin ein Mann vom Bau", erklärte er sein Interesse. "Man sieht tägliche Fortschritte", so Fallert, der sich noch gut erinnerte, wie er zu Zeiten der Ölkrise Anfang der 1970er Jahren am autofreien Sonntag zu Fuß auf der sonst vielbefahrenen Autobahn spazierte. "Wie beim Bagger-Ballett" kommentierte ein weiterer Zaungast in Motorradbekleidung die Arbeiten in der Abendsonne. Insgesamt acht Monster-Bagger mit dem sinnigen Namen "Schotterteufel" waren gleichzeitig im Einsatz, die hydraulischen Abbruchhammer rammten sich dabei immer wieder in die massive Stahl-Beton-Konstruktion der Brücke, die die L 85 über die Autobahn führt. Rund 2 000 Kubikmeter Abbruchmaterial mussten beseitigt werden. Nicht nur die

dabei entstehende Geräuschkulisse war beträchtlich, bei trockener und warmer Witterung war der Abbruch auch eine sehr staubige Angelegenheit. Spaziergänger in den Weinbergen vermochten mühelos die Staubwolke an der Autobahn zu erkennen.

Via Solutions mit Wochenende sehr zufrieden

An den Bau der Brücke in den 1950er Jahren erinnerte sich der Steinbacher Günther Velten. "Ich habe das als Jugendlicher miterlebt, wir sind damals mit dem Fahrrad hergefahren". 1957 wurde die Autobahnbrücke eingeweiht so der heute 70-Jährige. Heute unvorstellbar, führte die Fernverbindung damals nur bis Bühl. "Die Autobahn hat hier aufgehört, da ist der Verkehr ausgeleitet worden".

Auf der Weitenunger Gemarkung werden in den nächsten Wochen zwei weitere Brückenbauwerke fertiggestellt. In den kommen Tagen folgen die Fertigstellung des Fahrbahnbelags auf dem neuen Brückenbauwerk bei Weitenung, der Rückbau der Böschungen und die Verlängerung des Radweges bis zum Weitenunger Sportplatz. Eine solch umfangreiche Sperrung wie am Wochenende macht dies aber nicht nötig: auch für Matthias Schmidt war das eine besondere Situation: "Eine Sperrung dieser Größenordnung sucht im süddeutschen Autobahnbau ihresgleichen".