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vom 6.10.2022
 
„Wir haben uns wieder reinschaffen müssen“
Nach zwei Jahren Pause: 56. Wendelinusritt am Sonntag in Leiberstung / Die Vorbereitungen laufen seit Wochen
 
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„Wir wissen nie, wie viele tatsächlich kommen“: Beim Wendelinusritt sind in Leiberstung Reiter, Kutschen und Musiker unterwegs. Foto: Christina Nickweiler
 
Von Christina Nickweiler
Sinzheim – Nach zwei Jahren pandemiebedingter Zwangspause findet am Sonntag, 9. Oktober, in Leiberstung wieder der Wendelinusritt statt. Derzeit sind die Ortschaftsräte dabei, noch die letzten Vorbereitungen zu treffen. Hierzu gehört beispielsweise, die Häuser entlang der Leiboldstraße mit Festschmuck zu zieren sowie die Bewirtung in der Wendelinushalle vorzubereiten.
 
„Wir haben uns erstmal wieder reinschaffen müssen, von Null auf Hundert“, erzählt Ortsvorsteher, Josef Rees, im Gespräch mit dieser Zeitung.
 
Zu der Organisation gehörten laut Rees zudem, die Musikkapellen, die beim Reiterumzug mitgehen, sowie die Jagdhornbläser vor der Wendelinushalle zu verpflichten. Auch werden mindestens zwei prächtig geschmückte Kutschen von den Ortschaftsräten geschmückt. Auf dem einen Wagen ist die wohl Mitte des 15. Jahrhunderts entstandene und nicht mehr existierende Wasserburg zu sehen, die an die Bachsche Herrschaft im Spätmittelalter erinnern soll. Auf einem anderen Wagen wird ein Modell der Wendelinuskirche zu sehen sein.
 
Großes hatten die Organisatoren für den Wendelinusumzug 2020 anlässlich des 700-jährigen Bestehens von Leiberstung geplant. Doch bekanntermaßen wurde daraus nichts. Zwei Jahre später ein Jubiläum nachzufeiern, macht aus Sicht des Ortsvorstehers aber keinen Sinn mehr. Daher freuen sich die Organisatoren nun auf die Veranstaltung und die 56. Auflage des Wendelinusritts.
 
Laut Rees werden zirka 15 Kutschen beim Umzug dabei sein. In den ersten vier Kutschen, die gleich nach den Festreitern folgen, sitzen für gewöhnlich geistliche und weltliche Honoratioren. Alle anderen Teilnehmer des Umzuges, sind Reiter – einzeln oder in Gruppen – aus ganz Mittelbaden, die unangekündigt an der Pferdeparade teilnehmen.
 
Pferde seien sehr sensible Tiere. Da komme es vor allem auf das Wetter an, ob und in welchem Umfang Reiter an dem Umzug teilnehmen würden. „Wir wissen nie, wie viele tatsächlich kommen“, sagt Rees im Gespräch. Vor Jahren nahm stets eine feste Anzahl zwischen 70 und 100 Reitern an dem Umzug teil.
 
Erstmals lässt sich der Wendelinusritt 1957 belegen. In einer Ankündigung vom 18. Oktober 1957 informierte das Badische Tagblatt über das Patrozinium mit anschließender Prozession. Es kann angenommen werden, dass bereits in den Jahren zuvor, das Fest des heiligen Schutzpatrons mit einer Art von Prozession verknüpft worden war. In der Kreisgeschichte ist unter den Abschnitten, die das 19. und 20. Jahrhundert betreffen, sogar der Hinweis auf das Wendelinusfest mit einem Markt zu finden.
 
Dass ausgerechnet der Heilige Wendelinus zum Patron der 1727 zunächst kleiner erbauten Kirche bestimmt wurde, hatte mit dem seit jeher landwirtschaftlich geprägten Charakter des Ortes zu tun. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts sind neben rund 100 Rindern mehr als 90 Pferde dokumentiert. 1775 wurde die Kirche erweitert und zwischen 1881 und 1895 im Nachgang des Deutsch-Französischen Krieges von 1871 wiederhergestellt. Zu diesem Zeitpunkt erhielt das Gotteshaus für das übrige Geläut eine zwei Zentner schwere Glocke, die dem Heiligen Wendelinus gewidmet wurde. Der Heilige Wendelinus aus dem 6. Jahrhundert gilt gemeinhin als Schutzpatron der Nutztiere.
 
Der Wendelinusritt ist in der gesamten Region einzigartig. Rees berichtet, dass es Jahre gegeben habe, in denen rund 3.000 Zuschauer nach Leiberstung gekommen waren. Am Ende des Umzugs werden bei der Wendelinushalle alle Pferde und ihre Reiter einzeln gesegnet. Während den Pferden eine Festschleife ans Halfter geheftet wird, erhalten die Reiter einen Satteltrunk.
 
Das Patrozinium am Sonntag, 9. Oktober, beginnt um 10.30 Uhr mit einem Festgottesdienst in der Wendelinuskirche. Nach dem gemeinsamen Mittagessen in der Wendelinushalle, beginnt Punkt 14 Uhr der Wendelinusritt durch die Leiberstunger Festmeile.