vom 8.5.2023
Bei Pferdekutschen gibt es auch den Rückwärtsgang
Beim Turnier in Leiberstung zeigen 80 Gespanne ihr Können
Ein Haflinger mit Irokesenmähne: Das Erscheinungsbild der Pferde beeindruckt die Zuschauer.Fotos: Christina Nickweiler
Von Christina Nickweiler
Sinzheim – Auffallend leichtfüßig trabt der Haflinger mit dem Namen „Elium D’Ober“ im Einspänner auf den Turnierplatz des Reit- und Fahrvereins St. Wendelin in Leiberstung. Es ist der zweite Tag des Wettbewerbs, und an diesem Vormittag finden die Dressurprüfungen für Kutschen mit einem und vier Pferden statt. Alleine an diesem Sonntag gehen 50 Gespanne an den Start. Für beide Tage sind 80 Teilnehmer mit Kutschen gemeldet.
Für Inge und Herbert Wellage aus Baden-Baden ist das Fahrturnier mit vielen überregionalen Teilnehmern und sozusagen vor ihrer Haustüre ein echter Geheimtipp. „Wo bekommt man denn in unserer Gegend für jedermann schon so einen tollen Pferdesport geboten?“, findet das Ehepaar. Deswegen haben die beiden, wie viele andere Ausflügler sich auf den Weg nach Leiberstung gemacht.
Besonders gut gefällt den Wellages, wie schön sich die Teilnehmer für den Fahrsport gekleidet haben. Auch die Pferde sind mit geflochtenen Mähnen und Schweifen herausgeputzt. So auch bei dem Haflinger, der mit einem Irokesenschnitt an seiner Mähne auffällt. Passend zum hellen Fell des Haflingers hat sich die Fahrerin in heller Montur im ungarischen Stil gekleidet.
Apropos Fahrerin: Bei den Vierspännern (Pony) wetteifern ausnahmslos Fahrerinnen um die beste Punktzahl. So auch Anne Hürster aus der Nähe von Lahr mit ihren vier Ponys. Das Landeswappen auf ihrer Turnierjacke lässt erkennen, dass sie zum Landesjugendkader gehört. Gespannt verfolgen die Besucher den Wettbewerb. Viele sind mit dem Fahrrad gekommen.
Pünktlich rollt die Kutsche gegen 12.45 Uhr mit zügigem Tempo auf den Platz bis vor die Richtertribüne. Die Stimme über die Lautsprecher stellt das Gespann mit den Namen der Ponys und der Teilnehmerin vor. Dann geht es mit dem Pflichtprogramm los. Zunächst wird das Tempo der unterschiedlichen Gangarten bewertet sowie die Übergänge von Langsam in den schnelleren Trab. Die schwierigste Übung, den Rückwärtsgang, bewältigt die Teilnehmerin am Ende der Dressur. Für diese Aufgabe steht der Landeskaderfahrerin nur Leine, Peitsche und Stimme zur Verfügung. Zum Ende der Prüfung brandet Applaus auf und das nächste Gespann fährt auf den Platz. Bei dem weiteren Wettbewerb im Laufe des Nachmittags muss in einer bestimmten Zeit fehlerfrei ein Hindernislauf bewältigt werden.
Zwischen Publikum, Wertungsrichterhäuschen und Turnierleitung wuselt die Vorsitzende des Reit- und Fahrvereins, Karin Saar, umher. „Wir freuen uns über die vielen Zuschauer und haben richtig Glück mit dem Wetter“, sagt sie.
Unter den Zuschauern sind auch viele Pferdebesitzer von den befreundeten Vereinen aus der Umgebung, wie etwa Jonas Lemcke. Er weiß, warum der dunklere und der hellere Teil des Pferdefells mit einer gerade verlaufenden Linie getrennt ist. „Das Winterfell des Pferdes wurde geschoren“, sagt er. Die Schur habe weniger ästhetische Gründe, als praktische für das Tier, damit es nicht so schwitze, erläutert Lemcke weiter. Jedenfalls bestaunen die Gäste die sauber gestriegelten Pferde. Überhaupt ist die Vielfalt der Pferderassen, die beim Fahrturnier antreten, groß – angefangen vom sich graziös bewegenden Vollblüter, über die kräftigen Kaltblüter, bis hin zu den wendigen Ponys mit einem Stockmaß von 148 Zentimetern.
Inzwischen steht die Preisverleihung der Vierspänner an. Der Leiberstunger Ortsvorsteher Josef Rees gratuliert und übergibt die Preise samt Turnierschleifen. Begleitet vom Applaus des Publikums, drehen die Kutschen eine Ehrenrunde. Der Ortsvorsteher winkt während der Fahrt in der Siegerkutsche von Anne Hürster den Gästen zu. „Das ist eine ganz besondere Veranstaltung für Leiberstung. Ich freue mich, dass der Verein solch ein großes Turnier austrägt“, zeigt sich Rees begeistert.
Der Leiberstunger Ortsvorsteher Josef Rees (weißes Hemd) genießt die Fahrt in der Siegerkutsche.