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vom 25.5.2023
 
Kritik am neuen Radweg zwischen Bühl und Sinzheim
Neuer Radweg wird am Freitag eröffnet / Radfahrer schreibt erbosten Brief an Stadt Bühl und Gemeinde Sinzheim
 
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An der Einfahrt zum Kieswerk haben Lastwagen Vorfahrt. Für den Radfahrer Joachim Schiek ist das nicht nachvollziehbar. Fotos: Joachim Schiek
 
Von Ulrich Coenen
Sinzheim/Bühl – Der Radweg zwischen Weitenung und Leiberstung ist ein lang gehegter Wunsch. Am Freitagnachmittag wird die 1,8 Kilometer lange Strecke zwischen dem Bühler und dem Sinzheimer Ortsteil von Landrat Christian Dusch, Bühls Oberbürgermeister Hubert Schnurr und Sinzheims Bürgermeister Erik Ernst offiziell eröffnet. Doch bereits im Vorfeld gibt es Misstöne.
 
Joachim Schiek aus Baden-Baden ist jedenfalls nicht zufrieden und äußert seine Kritik in einem Brief an die Rathäuser in Bühl und Sinzheim deutlich. Das Schreiben liegt der Redaktion vor. Der Neubau des Radwegs entlang der Kreisstraße hat immerhin rund 1,8 Millionen Euro gekostet. Das Projekt wurde vom Land Baden-Württemberg mit 950.000 Euro gefördert. Die restlichen Kosten haben sich der Landkreis Rastatt als Eigentümer und Straßenbaulastträger sowie die Kommunen Bühl und Sinzheim anteilsmäßig geteilt.
 
Schieck war mit dem Rad bereits auf der Strecke unterwegs und ist erbost. „Die Verantwortlichen haben keine Kosten und Mühen gescheut, um den Radverkehr zu behindern“, stellt er fest. „Die Privatzufahrt zu einem Kieswerk und der geschotterte Waldweg zu einer Schranke werden kurzerhand als Straßen behandelt und gegenüber dem Radweg bevorrechtigt – ausgewiesen mit jeweils vier Schildern und Wartelinien für den Radverkehr. Da wundert es fast, dass die Auffahrtmöglichkeit auf einen Acker nicht ebenfalls zur Straße umdeklariert wurde und stattdessen am Feldrand sechs Schilder, Fahrradpiktogramme und Richtungspfeile anzeigen, dass Fahrräder dort tatsächlich nicht warten müssen.“
 
Dieses Vorgehen erinnert Schieck „an das Maß der Wertschätzung, mit dem der Radverkehr zum Beispiel auf dem Weg von Sinzheim nach Bühl entlang der Landesstraße 84 (L 84) behandelt wird“. „Radfahrer, die die Einmündungen der L 85 beziehungsweise L 83 passieren, müssen dort den Blick zweimal um 180 Grad nach hinten wenden, um abbiegenden Kraftfahrzeugen Vorfahrt zu gewähren“, klagt er. „Mit ein wenig gutem Willen hätte sich diese Gefahrenstelle längst ohne großen Aufwand entschärfen lassen, sogar konform zu den überholten Empfehlungen für Radverkehrsanlagen aus dem Jahr 2010."
 
Für Joachim Schieck ist das nicht nachvollziehbar. „Oder mangelt es in Straßenverkehrsbehörden und Planungsabteilungen manchmal sogar an gutem Willen?“, fragt er. Die Stadt Bühl verweist auf Nachfrage dieser Redaktion zunächst an das Landratsamt Rastatt als zuständige Behörde. Schließlich sei der Landkreis Eigentümer des Radwegs Weitenung – Leiberstung. Doch das Landratsamt sieht die Sache anders und gibt die Presseanfrage nach Bühl zurück. Letztendlich ist nämlich die Kommune zuständig, weil – wie der Bühler Pressesprecher Matthias Buschert einräumt – „die genannten Einmündungen alle auf Bühler Gemarkung liegen“. Deshalb falle die Beschilderung in den Zuständigkeitsbereich der Kommune.
 
Die Stadt hält die Vorwürfe für nicht berechtigt und verweist auf die Straßenverkehrsordnung. Buschert stellt fest: „Nach Paragraf 9 gilt grundsätzlich, dass der abbiegende Verkehr Fahrräder, Fahrräder mit Hilfsmotor und Elektrokleinstfahrzeuge durchfahren lassen muss, wenn sie auf oder neben der Fahrbahn in gleiche Richtung fahren. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung regelt, dass Radverkehr nicht mehr neben der Fahrbahn fährt, wenn ein Radweg erheblich von der Straße abgesetzt ist. Können Zweifel aufkommen oder ist der abgesetzte Radweg nicht eindeutig erkennbar, so ist die Vorfahrt durch Verkehrszeichen zu regeln.“ Daraus ergibt sich für Buschert folgendes: „An den beiden genannten Einmündungen zwischen Weitenung und Leiberstung wird der Radweg mehr als fünf Meter von der Fahrbahn entfernt geführt. Da diese Regelung offenbar nicht allen Verkehrsteilnehmern bekannt ist und um Zweifel und somit potenzielle Unfälle zu vermeiden, wurden die beiden Kreuzungen gemäß den gesetzlichen Vorgaben beschildert."
 
Die Situation an der L 84 sei 2019 von der Polizei und der Straßenverkehrsbehörde geprüft worden. „An dieser Kreuzung/Einmündung gab es in den vergangenen Jahren mehrere Unfälle“, berichtet Buschert. „Eine Unterordnung des Kfz-Verkehrs kann deshalb nicht erfolgen, da sich die Situation dadurch aller Wahrscheinlichkeit nach noch verschärfen würde. Hier sind Überlegungen im Gange, die Kreuzung zu überplanen und neu zu ordnen."
 
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Hier führt ein Schotterweg in den Wald. Radfahrer sollen an dieser Stelle des neuen Radwegs Autos Vorfahrt gewähren.