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Vom 6.5.2006
 
Warten auf den Storchennachwuchs
Vier Meister im Leiberstunger Nest von Meister Adebar / Winter gut überstanden
 

abb060506bIM NEST DER LEIBERSTUNGER STÖRCHE könnte es sehr bald enger werden: Vier Eier werden ausgebrütet. Fotos: dpa/wl

Von unserem Redaktionsmitglied Wilfried Lienhard
Sinzheim-Leiberstung. Je näher Josef Günther dem Nest kommt, desto unruhiger wird der Storch. Der Rasenmäher, der bei der Leiberstunger Wendelinushalle sein lautes Lied singt, stört Meister Adebar nicht, der Mann aber, der da näher und näher klettert, erfüllt ihn mit Unruhe. Der Storch spreizt die Flügel und fliegt davon. Seine Heimstatt ist aber keinesfalls leer, wie Günther bei der Nestkontrolle feststellt: Vier Eier liegen im Leiberstunger Storchennest.
 
Paul Frietsch nickt zufrieden: "Drei bis vier Eier sind normal", sagt der Leiberstunger "Storchenvater". Nicht alles aber ist in diesem Jahr normal, und das liegt vor allem am langen Winter. "Das Futter hat nicht ausgereicht, wir mussten nachbestellen", erzählt Frietsch. In der kalten Jahreszeit fliegen die Störche täglich zu Frietschs Wendelinushof. "Spätestens um halb neun morgens sind sie da." Auf dem Hof haben die Störche Familienanschluss: Wenn der Hausherr sonntags mal etwas länger in den Federn bleibt, setzt sich ein Storch auf den Giebel des Hauses, direkt über der Eingangstür, und dort wartet er ungeduldig.
 
Jetzt im Frühjahr ist die Zufütterung nicht mehr nötig. Am 17. März hat Josef Günther aus Moos, der in der Region sich um mehrere Storchennester kümmert, das Leiberstunger Wohnzimmer des Storchenpaars geputzt.
 
Am 29. März hat Paul Frietsch die erste Paarung beobachtet. Fein säuberlich hat er alles dokumentiert - wie seit 21 Jahren. 1985 hat die Wiederansiedlung des Weißstorchs in Leiberstung begonnen. Über Jahrzehnte hatte der Storch ("Ciconia ciconia") zum Dorf gehört wie der Turm der Wendelinuskirche.
 
abb060506aPaul Frietsch weiß viele Geschichten über Leiberstung und den Storch zu erzählen. Vor dem Krieg etwa, da sammelten sich auf dem Gelände des heutigen Kieswerks, wo es immer sehr feucht war, die Störche. In Reih und Glied standen dort einmal 50 Störche, erinnert sich Frietsch an seine Schulzeit. Er war bei der Feldarbeit und erhielt den Auftrag, die Störche zu verscheuchen. Der Junge lief zu den Störchen, doch einer hielt dagegen und lief auf ihn zu - da rutschte Frietsch das Herz in die Hose, wie er sich schmunzelnd erinnert. Mitte der 80er Jahre diskutierte der Ortschaftsrat Leiberstung - Frietsch war Ortsvorsteher-über die Möglichkeiten, den Storch im Ort wieder heimisch zu machen. Die Ortschaftsräte Josef Deibel und Werner Weber fuhren nach Schwarzach im Odenwald, wo sie sich bei der Storchenaufzuchtstation informierten. Eine Kommission des Regierungspräsidiums Karlsruhe sah sich in Leiberstung um und befand die Umgebung für storchentauglich, der Ortschaftsrat begab sich auf Lehrfahrt ins Elsass. Schließlich war es soweit: 1985 begann auf dem Wendelinushof die Wiederansiedlung des Storchs in Leiberstung. 1989 erhielt er dann ein neues Domizil auf dem Rathausdach; als das Rathaus abgerissen wurde, erhielt der Storch sein jetziges Zuhause auf der Spitze eines eigens gebauten Masts bei der Wendelinushalle.
 
Das Storchenpaar, das in dieser Zusammensetzung seit zwei Jahren das Nest belegt, wird bald Zuwachs bekommen: Ende der Woche konnte es so weit sein. Das gilt auch für Moos wie Josef Günther berichtet. Dort liegen im Nest sechs Eier - das sind außergewöhnlich viele. Wie viele Jungen durchkommen, steht auf einem ganz anderen Papier. Bei vier Eiern geht Frietsch von drei Störchen aus, die es schaffen. Ein-, zweimal gelang es in Leiberstung schon der ganzen Nachkommenschaft.
 
Doch gab es auch schon etliche Jahre, in denen die Kinderstube bei Familie Storch in Leiberstung leer blieb, vor allem in nassen, kalten Jahren. Aber auch bei Kämpfen zwischen Störchen fliegt schon mal das Gelege aus dem Nest.
37 Störche sind seit 1985 in Leiberstung flügge geworden, und jetzt hoffen Paul Frietsch und Josef Günther, dass die Zahl demnächst ansteigen und die Erfolgsgeschichte vom Leiberstunger Storch eine Fortsetzung finden möge.