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vom 16. April 2003

Diskussion um Leiberstunger Ortschaftsverfassung eskalierte
Schriftliche Bestätigung für Bürgersaal verlangt
Ortsvorsteher verließ Sitzung des Gemeinderats vorzeitig / Metzner: Rechtslage ist eindeutig
 
Von unserem Redaktionsmitglied Wilfried Lienhard
Sinzheim-Leiberstung. Im Frühsommer. der Termin steht schon fest, will Leiberstung den 30. Jahrestag seiner Eingemeindung nach Sinzheim feiern. Derzeit bräuchte es fast schon detektivischen Spürsinn, Feierstimmung auszumachen. Im Gemeinderat werden immer wieder Stimmen laut, die den Fortbestand des Leiberstunger Ortschaftsrats in Frage stellen. Bürgermeister Hans Metzner sieht darin jedoch Einzelmeinungen: "Für einzelne im Gemeinderat scheint es ein Problem zu sein, aber nicht für alle."
 
Der neueste Streitpunkt; der vom Leiberstunger Ortschaftsrat gewünschte Umbau des Bürgersaals für Zwecke der Ortsverwaltung. In der vergangenen Woche eskalierte die Auseinandersetzung. Im Gemeinderat wehte ein in dieser Form noch nicht gekannter heftiger Gegenwind Richtung Westen. Die Hälfte des Gremiums mochte den Plänen nicht zustimmen. Die zunächst verkündete Ablehnung des Vorhabens musste aber wieder kassiert werden, weil fälschlicherweise die acht Enthaltungen zu den fünf Gegenstimmen gezählt worden waren.
 
Für den Leiberstunger Ortsvorsteher Alexander Naber war die vermeintliche Abstimmungsniederlage der Anlass, die Sitzung sofort zu verlassen. Die spätere Neu-Interpretation des Ergebnisses erfuhr er telefonisch. Richtig zu beruhigen vermochte ihn das nicht. Naber wünscht von der Gemeindeverwaltung nun eine schriftliche Bestätigung, dass der Bürgersaal umgestaltet werden kann.
 
Wo der Grund für die Spannungen zwischen Teilen des Gemeinderats und der Leiberstunger Ortsverwaltung liegen, vermag Naber, wie er sagt, nicht zu erkennen. Zu den in Sinzheim gemutmaßten Machtkämpfen innerhalb der CDU mochte Naber, der für die Christdemokraten im Gemeinderat sitzt, nicht sagen. Er selbst jedenfalls habe "keine Probleme mit der CDU". Was Naber stört. ist das Ansinnen, "uns gewissermaßen herzuzitieren und dann zu sagen, wir überzeugen euch davon, dass es das Beste wäre, wenn ihr euch auflöst", schimpft der Ortsvorsteher. "Wer etwas von uns will, soll zu uns kommen."
 
Dabei habe der Ortschaftsrat einen klaren Beschluss gefasst: Er wird sich nicht selbst auflösen. Damit ist auch für Bürgermeister Metzner alles klar: "Wir sind an Recht und Ordnung gebunden, und die Gesetzeslage ist eindeutig. Der Ortschaftsrat kann sich nur selbst auflösen. Das aber will er nicht tun."
 
Dass die Diskussion ausgerechnet jetzt eskalierte, überraschte Metzner: Ende März habe der Verwaltungsausschuss des Gemeinderats das Leiberstunger Thema widerspruchslos und einstimmig akzeptiert. Metzner vermutet, dass die gegenteilige Meinung im Gemeinderat in erster Linie mit dem Raum für die Sitzungen des Ortschaftsrats zusammenhängt. Von einem "Sitzungssaal" könne nicht die Rede sein. Ein Raumteiler werde aufgestellt, der Raum könne dann auch vom Kindergarten genutzt werden. "Ein Büro für den Ortsvorsteher braucht es sowieso, die Toilette müsste eh auch gemacht werden. Und dann werden lediglich noch die Möbel vom Rathaus in den Bürgersaal verlegt. Das ist alles."
 
So entstehe laut Metzner "ein Besprechungsraum in bescheidener Größe", der zudem noch für andere Zwecke genutzt werden könne. Der Aufwand sei gering. "Wir wollten mit dem Saal schnell auf die Tagesordnung. In der Ortsmitte sind die Weichen für den Abriss von Schule und Rathaus gestellt. Der Vorschlag des Ortschaftsrats aus Klausur schien uns der kostengünstigste zu sein."
 
Metzner hofft jetzt, in Gesprächen, strittige Dinge klären zu können, damit "wir uns schnellstmöglich wieder auf die Dinge konzentrieren können, die uns voranbringen." Alexander Naber will abwarten, wie sich die Dinge bis zur nächsten Sitzungswoche Anfang Mai entwickeln. Eine Blockade Leiberstunger Angelegenheiten durch den Gemeinderat will der Ortsvorsteher aber nicht unkommentiert hinnehmen.
 
Überflüssig
 
Was ist los in der Stabsgemeinde, was ist los in Leiberstung? Der Streit, der in der vergangenen Gemeinderatssitzung eskalierte, ist bei Lichte betrachtet so überflüssig wie ein Kropf und wohl ein Stück weit das Ergebnis beiderseitigen Trotzes. Der Wunsch einiger Sinzheimer Bürgervertreter, das Kapitel Ortschaftsverfassung endlich abschließen zu können, und zwar in Form einer Auflösung von Ortsverwaltung und Ortschaftsrat, ist ohne jeden Zweifel legitim. Die allgemein angestrebte Verschlankung der Verwaltung ist nur ein Grund dafür. Auch das Argument der Gleichbehandlung wiegt nicht leicht: Größere Sinzheimer Ortsteile, etwa Kartung, müssen ohne eigene Bürgervertretung auskommen. Gleichwohl wird hier eine im Grunde abstrakte Diskussion geführt. Die Rechtslage ist klar genug: Der Ortschaftsrat kann sich nur selbst auflösen, und dass er das nicht zu tun gedenkt, hat er deutlich kund getan. So einfach ist das. So lange der Gemeinderat die Selbstauflösung nicht verfügen kann, so lange gleichen die Bemühungen einzelner Gemeinderäte in dieser Sache dem Quichotteschen Kampf gegen die Windflügel. Die frontale Auseinandersetzung wird die Leiberstunger kaum zum Umdenken veranlassen, die Gefechte dann auf andere Felder zu verlegen auch nicht, im Gegenteil: Es würde die Fronten wohl nur noch verhärten. Gleichwohl sollte man in Leiberstung nicht jede kritische Äußerung als Generalangriff auf die Ortschaftsverfassung verstehen. Für die Sitzungen des Ortschaftsrats gäbe es sicherlich auch andere Möglichkeiten als den umgestalteten Bürgersaal, wohl auch billigere. Das vorzubringen, ist nicht nur das gute Recht, sondern auch die Pflicht eines Gemeinderats. So viel Meinungsfreiheit sollte die Ortsverwaltung dem Gemeinderat dann doch zugestehen. Derzeit vermutet Ortsvorsteher Alexander Naber aber wohl hinter jedem Sinzheimer Busch einen Heckenschützen, der Leiberstunger Interessen aufs Korn nimmt. Ein bisschen weniger Aufgeregtheit wäre jetzt aber nicht übel.
Wilfried Lienhard