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vom 10.2.2023
 
8,2 Millionen Euro für Kinderkrippe und Kinderhaus
Sinzheimer Gemeinderat beschließt bei einer Gegenstimme den Haushalt 2023
 
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Sehnlichst erwartet: In diesem Sommer soll die Badestelle in Leiberstung in Betrieb gehen. Foto: Michael Brück
 
Von Michael Brück
Sinzheim – Alle Jahre wieder treffen sich im Februar Gemeinderäte, Bürgermeister und Kämmerer, um den Haushalt für das laufende Jahr abzusegnen. Nicht ohne die Haushaltsreden der Fraktionen. Meist zu diesem fortgeschrittenen Zeitpunkt aber auch ohne weitere Überraschungen in einer komplizierten Thematik, die zuvor bereits über Wochen immer und immer wieder diskutiert wurde.
 
Und bei der so manche Investition, Personalausgaben und vermeintlich notwendige Griffe zu den Rücklagen der Gemeinde zuweilen bis ins allerletzte Detail diskutiert wurden. Im Dezember hatte Bürgermeister Erik Ernst (CDU) den Entwurf für das Haushaltsjahr 2023 vorgelegt und in seiner Haushaltsrede bereits angekündigt, dass es, auch mit Blick auf zukünftige und zukunftsweisende Investitionen in der Gemeinde, finanziell insgesamt nicht mehr ganz so rosig aussehen werde, wie in den vergangenen Jahren.
 
Was allerdings nicht heißt, dass es der Gemeinde Sinzheim schlecht gehen würde. Vielmehr zahlt sich die umsichtige und vorausschauende Finanzpolitik der zurückliegenden Jahre nun aus. Und so können lange erwartete Investitionen, wie etwa 2,6 Millionen Euro für das neue Sportzentrum, trotz einiger Einsparungen angegangen werden.
 
Der dickste Posten auf der Liste der Investitionen war kurz vor dem Jahreswechsel ins Wanken geraten, nachdem eine Kostenexplosion das geplante Budget auf annähernd zehn Millionen Euro angehoben hatte. Nun gibt es eine neue Lösung, die auch bei den Vertretern des Sportvereins Sinzheim Unterstützung gefunden hat.
 
Über die nächsten Jahre soll mit dem Neubau der Kinderkrippe und der Sanierung des Kinderhauses St. Vinzenz ordentlich in die Zukunft investiert werden. Das Volumen: in etwa 8,2 Millionen Euro, die sich über die kommenden Haushalte verteilen werden.
 
Weitere größere Posten auf der Investitionsliste für 2023 sind die Sanierung der Industriestraße, die Neugestaltung des Ortszentrums in Leiberstung, die Badestelle Leiberstung sowie die Fertigstellung der vierten Reinigungsstufe der Gemeinschaftskläranlage Baden-Baden/Sinzheim. Größere Summen sollen darüber hinaus aber auch für Instandhaltungs- und Infrastrukturmaßnahmen und die Sanierungsmaßnahmen auf den Friedhöfen in Leiberstung und Sinzheim bereitgestellt werden.
 
Für die Jahre 2025 und 2026 hatte der Bürgermeister Kreditaufnahmen angekündigt. Das begründete er mit dem großen Investitionsprogramm. Tief durchatmen mussten die Ratsmitglieder bei den Personalkosten. Denn die sind für das Jahr 2023 um fast 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr angestiegen. Ein wesentlicher Grund hierfür, so hatte Erik Ernst schon im Vorfeld erläutert, sei die geplante Tarifsteigerung, die im Haushalt bereits eingeplant sei.
                                                                                                                                          
DER HAUSHALT IN ZAHLEN
Ertrag Ergebnishaushalt: 31,2 Millionen Euro
Aufwendungen Ergebnishaushalt:
32,5 Millionen Euro
Geplante Darlehen:
0 Euro
Verschuldung:
Ende 2023 voraussichtlich 1,78 Millionen Euro
Personalkosten:
9,5 Millionen Euro (ein Plus von rund 30 Prozent zum Vorjahr)
Sachkosten:
6,8 Millionen Euro
Einkommensteuer:
9 Millionen Euro
Gewerbesteuer:
3,3 Millionen Euro
Umsatzsteuer:
583.700 Euro
Investitionen:
4,8 Millionen Euro; im Mittelpunkt stehen der Bau des Sportzentrums (2,6 Millionen Euro), Abschluss Sanierungsmaßnahmen „Ortskern II“ mit dem St.-Vinzenz-Gebäude, raumlufttechnische Anlagen in Schulen und Kindergärten, Sanierung der Straßenbeleuchtung, Waldkindergarten und Badestelle Leiberstung.
 
STELLUNGNAHMEN ZUM HAUSHALT: DIE POSITIONEN AUS DEM GEMEINDERAT IM ÜBERBLICK
 
huckRoman Huck (CDU) stellte in seiner Haushaltsrede fest, dass sich der Krieg in der Ukraine letztlich auch in der Kommunalpolitik niederschlage und angesichts der Kriegsflüchtlinge in der Haushaltspolitik und den Handlungsprioritäten eine Rolle spiele. Man habe lange verdrängt, dass Energie als politische Waffe eingesetzt werden könne. Huck warnte angesichts des Haushaltsdefizits von knapp 1,4 Millionen Euro vor strukturellen Problemen. Das dürfe nicht zur Regel werden. Weiter plädierte er für eine Anhebung der Vergnügungssteuer, um mehr Einnahmen zu generieren. Mit 15 Prozent auf die Bruttokasse liege Sinzheim im Landkreis da deutlich unter dem Durchschnitt.
 
alexUlrike Alex (Grüne) bemerkte, dass der Sinzheimer Haushalt 2023 die derzeitige Lebenssituation spiegele. Das Wichtigste sei aber, dass man weiter handlungsfähig sei. Für die Grünen begrüßte Alex die Entscheidung der Gemeinde, einen Energiemanager einzustellen und das Radverkehrskonzept aufzustellen. Dass darüber im Rat mittlerweile Einigkeit herrsche, freue ihre Fraktion. Die Flüchtlingsunterbringung verlange der Gemeinde viel ab. Sorgen bereite aber auch die Situation an Grundschulen und Kitas. Es bestehe dringender Bedarf am Ausbau der Grundschulen. Bei den Kitas sei die Gemeinde bereits an die Grenzen gestoßen – die Warteliste sei lang.
 
hurstAuch Johannes Hurst (GfS) stellte in seiner Haushaltsrede fest, dass die Personalkosten einen extremen Anstieg zu verzeichnen hätten. Noch seien die Steuereinnahmen höher als die Kosten für Personal, sagte er. Man müsse allerdings aufpassen, dass eines Tages die Personalkosten nicht höher seien als die Steuereinnahmen. Da müsse etwas geschehen, sonst erleide die Finanzpolitik der Gemeinde Schiffbruch, mahnte Hurst an. Er erwartet auch für die kommenden Jahre keinen Überschuss im Ergebnishaushalt. Maßnahmen wie die Badestelle in Leiberstung, mit Kosten von rund 600.000 Euro, seien eigentlich nicht mehr durchführbar, gab er zu bedenken.
 
jungSiegfried Jung (FW) zeigte sich enttäuscht darüber, dass die vier Anträge seiner Fraktion kein Gehör gefunden hatten. Doch so funktioniere nun mal Demokratie. Jung erinnerte noch einmal an einige wenige Investitionen, die vom Gemeinderat mehrheitlich befürwortet wurden und 2023 auch weitere Geldzuweisungen erhalten. So etwa der Friedhof Sinzheim mit nochmals 145.000 Euro, das geplante Obdachlosenheim Im Grün mit 200.000 Euro oder das geplante Wohngebäude für Flüchtlinge In den Lissen mit 250.000 Euro. Zu den gestiegenen Personalkosten erklärte Jung, dass für immer mehr Aufgaben der Verwaltung auch immer mehr Personal benötigt werde.
 
seilerMarkus Seiler (SPD) erinnerte an die Aufbruchstimmung, die noch bei der Verabschiedung des Haushalts 2022 herrschte. Mit dem Ukraine-Krieg hätten allerdings viele Gewissheiten und Vorstellungen geendet. Neben der Unterbringung von Flüchtlingen seien die mit dem Krieg gestiegenen Energiekosten eine Herausforderung. Die Tarifverhandlungen im Personalsektor sehe er zudem skeptisch. Die Gemeinde sitze da nicht mit am Verhandlungstisch, sei aber an das Ergebnis gebunden. Zur teilweisen Kritik an der Badestelle in Leiberstung bemerkte Seiler, dass man einen Badesee immerhin nicht heizen müsse und der Badebetrieb nun auf eine legale Basis gestellt sei.
 
rohnerEine deutliche Absage erteilte Kurt Rohner (FDP) dem Haushalt. Er begründete dies unter anderem damit, dass man trotz der ernsten Lage in den Beratungen keine Verbesserungen erreicht habe. Im Durchschnitt der kommenden Jahre erwarte man nur ein ausgeglichenes Ergebnis. Das Eigenkapital werfe so keinen Zins ab, um steigende Investitionen und Personalkosten zu decken. Am Ende einer mittelfristigen Planung werde man mit höheren Schulden dastehen. Alleine die Kindergärten lasse sich die Gemeinde 3,5 Millionen Euro kosten. Ebenfalls kritisch sieht er die Badestelle in Leiberstung. Hier seien die künftigen jährlichen Unterhaltskosten noch unbekannt. (mbü)/Fotos: Michael Brück