Volkstrauertag 2004 – Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt
 
Liebe Leiberstunger Mitbürgerinnen und Mitbürger, sehr geehrte Damen und Herren Vereinsvorsitzende !
 
Die Zeit der Gedenk- und Andachttage liegt nun wieder vor uns. Ein wichtiger Gedenktag hierbei ist ohne Zweifel der Volkstrauertag,
am Sonntag, dem 14.11.2004
 
Wie in den vergangenen Jahren auch, werden Kirchen- und die politischen Gemeinden den Opfern von Krieg, Vertreibung und Repression gedenken. Ich darf Sie alle recht herzlich hierzu einladen. Da in diesem Jahr parallel in Sinzheim das Patrozinium stattfindet, haben wir den Ablauf in diesem Jahr etwas geändert.
 
Gemeinsam wollen wir, im Gedenken an die Opfer, beim Ehrendenkmal auf dem Friedhof einen Kranz niederlegen und in einer Gedenkminute verharren. Ehrenabordnungen der Leiberstunger Vereine unter Fahnenbegleitung sowie eine kurze Ansprache, musikalisch umrahmt durch den Männergesangverein 1875 Leiberstung e.V., werden diesem Gedenken den entsprechenden Rahmen geben.
 
Beginn der Gedenkveranstaltung, welche wir bei jeder Witterung durchführen werden, ist um 11.30 Uhr auf dem Friedhof Leiberstung. Ich bitte Sie herzlichst, hieran teilzunehmen und somit diesem Gedenktag den gebührenden Stellenwert einzuräumen - ganz besonders gilt dieser Aufruf auch den Jugendlichen!
 
Naber -Ortsvorsteher-
 
Ansprache zum Volkstrauertag 2004
von Ortsvorsteher Alexander Naber
 
Zahlreiche Gedenktage haben die Erinnerung an historische Ereignisse der Jahre 1914 und 1944 zum Thema.
Der Bogen spannt sich vom Ende der Blockade Leningrads im Januar über die Landung der Alliierten in der Normandie, das Attentat auf Hitler, den Beginn den Ersten Weltkrieges, den Warschauer Aufstand, die Schlacht an der Marne bis zum Beginn der Ardennenoffensive im Dezember 1944, um nur einige Beispiele zu nennen.
Diese Gedenktage können die Welt nicht verändern.
Aber sie beeinflussen unsere Sicht auf die Vergangenheit und unsere Deutung der Gegenwart.
Insofern stiften sie Sinn: Aus der Erinnerung an das Leid der Kriege und aus dem Gedenken an die Opfer erwächst der Auftrag, sich für Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und ein würdiges Leben für alle einzusetzen.
So formuliert der Präsident der Deutschen Kriegsgräberfürsorge, Reinhard Führer den Sinn und Auftrag des Volkstrauertages und das Gedenken an die Opfer der beiden Weltkriege.
Diesem Auftrag, auch gerade in unserer heutigen Zeit, wird eine sehr hohe Bedeutung zuteil, betrachtet man die militärischen Auseinandersetzungen allein in den vergangenen 10- 15 Jahren.
Wir, in unserem Teil Europas, haben oft die Greuel eines Krieges verdrängt, weil wir Krieg, Vertreibung und Tod durch militärische Auseinandersetzungen nur noch aus den Nachrichten her kennen.
Aber - vergessen scheint der Krieg im ehemaligen Jugoslavien und im Kosovo - mitten im Herzen unseres Kontinenten Europa - nicht etwa weit weg, im nahen Osten, welcher seit dem Ende des letzten Weltkrieges keinen Frieden gefunden hat, auch nicht in Afrika, wo es tagtäglich zu neuen kriegerischen Auseinandersetzungen kommt - welche sogar so lange schon andauern und mit unerbittlicher Härte wüten, dass schon lange keine Erwachsenen mehr da sind, welche kämpfen können und sich aus diesem Grund Armeen aus Kindern gegenüberstehen, erbittert gegeneinander kämpfen. Kinder, die zu gefühllosen und trotzdem hasserfüllten Tötungsmaschinen erzogen wurden.
Was aber heißt dies alles für uns?
Uns, die wir in diesem friedlichen Europa, in unserer zivilisierten Welt alles verdrängen, was unsere Mütter und Väter und Großmütter und Großväter noch erleben und erleiden mussten.
Sollen wir unsere Leben ohne die Sensibilität für Kriege weiterleben und uns weiter nur unseren anderen Sorgen hingeben - Sorgen um den Arbeitsplatz, um die Altersvorsorge, oder gar um die Frage - Wohin im nächsten Urlaub, weil wieder ein Traumziel durch Bomben in Schutt und Asche gelegt worden ist - oder aber, weil wir diese Kriege der heutigen Zeit einfach ignorieren ?
Nach den Terroranschlägen vom 11. September in Amerika und dem darauf folgenden Krieg im Irak, dem seither wütenden Terror weltweit, habe ich zu Fasching diesen Jahres eine E-Mail mit verschiedenen Witzen und Anekdoten zum Krieg im Irak und dem Terror bekommen.
Man beschäftigt sich mit dem Krieg im humoristischen Sinne und qualifiziert den Konflikt zu einem Amüsement ab.
Die Krönung dieser Mail war ein Bild als Vorschlag für eine Faschingskostümierung.
Das Bild zeigt einen lachenden Jungen im Grundschulalter, auf dem Kopf ein Handtuch als arabisch anmutende Kopfbedeckung.
Um den Buch einen Gürtel, gespickt mit kleinen Plastikdosen, untereinander verbunden mit farbigen Drähten.
Auf dem Rücken ein Schild "Ich bin ein Gotteskrieger - halt Dich fern sonst explodiere ich".
Ich denke, diese Art der Auseinandersetzung mit den Themen Krieg, Terror und Gewalt, Tod und Zerstörung ist die falsche.
Wenn bereits Kinder, welche die militärischen Auseinandersetzungen und den Terror im Fernsehen mitbekommen, dies im Spaß verarbeiten und als Anlass für einen guten Witz betrachten - so ist dies vielleicht von Eltern gewollt um ihren Kindern keine Angst zu machen.
Aber ich denke, hier ist es nötig, dass Eltern mit ihren Kindern diese Dinge verarbeiten.
Oder - wie sollten sie sonst verstehen, dass nach dem Tod von PLO-Führer Jassir Arafat die Palestinenser um ihren Präsidenten trauerten, während in Israel ultraorthodoxe Fanatiker Freudentänze aufführten und den aktuellen Konflikt hierdurch nur wieder mehr anheizen und dem Frieden im Nahen Osten wieder versuchen alle Chancen zu nehmen.
Die jüngsten Ereignisse bei unseren niederländischen Nachbarn zeugen ebenfalls hiervon - hier beginnt sich ebenfalls ein Krieg zu manifestieren - ein Krieg der Ideologien und des Glaubens.
Die Waffen waren einmal Worte und Bilder - nun sind es Granaten und Feuer. Hier sollte den jüngsten unserer Gesellschaft aufgezeigt werden, das diese Bilder kein Witz sind, ihnen helfen, dieses zu verstehen.
Helfen, die Hintergründe zu erkennen - wodurch werden diese Konflikte ausgelöst, wodurch entsteht diese Gewallt, wie kann man ihr begegnen - was können wir tun um solches nicht auch bei uns wieder erleben zu müssen. Zu lernen, Toleranz zu üben - jedoch nicht um jeden Preis. Das Aufeinanderzugehen, nicht das Wegschauen, nicht das Verleugnen - aber auch nicht, alles Gut zu heißen was der Andere tut und sagt.
Um dies anzumahnen und daran zu erinnern, hierfür sind solche Gedenktage wie heute wichtig und sollten auch künftig begangen werden, damit die Fernsehbilder aus heutiger Zeit nicht einfach ignoriert werden - damit die Lehren aus den Kriegen der Vergangenheit nicht vergessen werden.
Denn - ein Krieg der heute geführt wird ist nicht anders als die vergangenen Weltkriege - welche als Anlas für diesen Tag genommen werden.
Der Volkstrauertag ist ein bedeutender Bestandteil unserer Erinnerungskultur. Es ist ein Tag des Innehaltens, des Gedenkens an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft sowie ein Tag der Solidarität mit ihren Familien.
Er konfrontiert uns mit der Vergangenheit und dem Auftrag, das Vermächtnis der Opfer zu erfüllen, indem wir uns nachhaltig für ein friedliches Zusammenleben einsetzen. Lassen Sie uns alle Gemeinsam diesen Tag begehen und uns gemeinsam für die Zukunft, an unsere Vergangenheit und die Gegenwart erinnern.
Ich lade Sie herzlich ein, stellvertretend für alle Menschen, welche Opfer von Kriegen und Gewallt geworden sind, an die Gefallenen Söhne Leiberstungs zu erinnern und in einem stillen Gedenken allen Verstorbenen zu versichern :
wir haben Euch nicht vergessen und werden Euch nicht vergessen, Euer Tod ist uns Mahnung und Lehre - wir wollen nicht noch einmal solches Leid erfahren, erleben müssen, nicht noch mehr verlieren.

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